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Avril Lavigne – Under My Skin

Cover: Avril Lavigne - Under My Skin
Cover: Avril Lavigne - Under My Skin

Nachdem wir momentan in einer Zeit leben, wo modisch so ziemlich jedes Jahrzehnt aus dem vergangenen Jahrhundert wieder hip ist, und man die Generationen äußerlich kaum mehr auseinanderhalten kann, wenden wir uns doch besser wieder dem grundlegenden Unterschied zwischen Jung und Alt zu: der Musik – denn während auf Papis iPod wieder die Sex Pistols, die Beatles oder Dolly Parton ihren Dienst tun, dröhnt bei der den jüngeren Musikkonsumenten mal wieder Avril Lavigne aus den Kopfhörern.

Tracklist:

  1. Take me away
  2. Together
  3. Don’t tell me
  4. He wasn’t
  5. How does it feel
  6. My happy ending
  7. Nobody’s home
  8. Forgotten
  9. Who knows
  10. Fall to pieces
  11. Freak out
  12. Slipped away

Das Erste, was der musikalische Plattitüden-Katalog zum Thema Avril Lavigne ausspuckt ist: Göre.
– und das stimmt doch zweifellos, nicht zuletzt weil in den letzten beiden Jahren niemand diesen Begriff so geprägt hat, wie die junge Kanadierin, der es unsere Väter außerdem zu verdanken haben, dass sich ihre Krawatten im Zuge einer unmissverständlichen Trendwende schnell in den Schränken der lieben Kinder wiederfanden. Aber zum Glück ist dieser Trend mittlerweile auch vorbei (aktuelle Modeempfehlung: siehe oben). Das Wort Göre ist uns aber geblieben und vermutlich sind wir mittlerweile sogar schon soweit, dass wir dieses Wort überhaupt nur noch über Avril Lavigne definieren können. (=> Gör: das; -(e)s; -en [ugs.; oft abwertend] Avril Lavigne, kanadische Sängerin; sehr lebhaftes oft ungehorsames Kind.)

Mit ihrem Debütalbum ‚Let Go‘ hat das Gör aus Übersee auf jeden Fall die Musikcharts in Europa geentert – und trotzdem, wer weder mit der Musik noch mit den Krawatten der zierlichen Sängerin etwas anfangen konnte, mochte Avril trotzdem, weil sie hier und da gerne mal verbale Ohrfeigen an Musik-Kolleginnen wie die Spears, die Duff oder die Aguilera austeilte.
Der kleine Spatz, der unbestätigten Gerüchten zufolge vor einigen Jahren frech an die Tür eines Major-Labels klopfte, just einen Plattenvertrag unter ihren niedlichen Hintern geschoben bekam und den Mund gerne mal so weit aufreißt, wie die tierischen Kollegen wenn Mutti im Landeanflug aufs Nest ist. – halten wir das einmal so fest.
Was dem gemeinen Plattenkäufer dann vielleicht doch entgangen ist und auch von der Sängerin selbst nicht unbedingt an die Glocke gehängt wurde heißt ‚Die Matrix‘ und ist ein Produzententeam, dass nicht nur großteils für den Kassenschlager ‚Let Go‘ verantwortlich zeichnete, sondern das auch bei alten Bekannten und den üblichen Verdächtigen wie Britney SpearsHilary Duff, Christina Aguilera oder Ricky Martin schon kräftig mitgemischt hat.

Für ‚Under My Skin‘ hat man die dann doch außen vor gelassen und setzt jetzt auf Chantal Kreviazuk, eine kanadische Sängerin und Songschreiberin aus der Schublade ‚Alanis Morisette‘, wobei sich an der eigentlichen Route im Vergleich zum Debütalbum nur infinitesimal etwas geändert hat – einzig auf laute Uptempo – Titel wie ‚Sk8ter Boy‘ müssen wir auf dieser Platte schweren Herzens verzichten. Dafür hat wohl auch niemand mit einem Song im Stil von ‚Forgotten‘ gerechnet – eine energiegeladene Ballade mit viel Bass, Klavier-Einleitung und Streichinstrumenten im Mittelteil.

Mit der Vorab – Single ‚Dont Tell Me‘ hat man sich da im Vergleich zu ‚Complicated‘ nicht gerade einen ebenbürtigen Chartstürmer als Pionier auf die Hörerschaft losgelassen. Der Song, der sich zwar besser anhört je öfter man ihn vorgespielt bekommt – und keine Sorge MTVIVA und einige Radios sorgen mit Endlosschleifen ja ohnehin dafür, dass er nicht spurlos an uns vorbeigehen kann – zeigt aber schon auf, in welche Richtung die Texte auf diesem Album gehen. Sie erscheinen zwar um einiges ausgereifter als jene auf ‚Let Go‘ – Nörgelei an was auch immer ist jedoch omnipräsent und zeugt beim Nachfolger auf keinen Fall von inhaltlichem Abwechslungsreichtum.

Für ‚Nobody’s Home‘ hat sich Avril den ehemaligen Evanescence – Gitarristen Ben Moody geangelt. Eine auf den ersten Blick vielversprechende Kombination, der Song kann aber das nicht halten – zwar ist aus der Nummer ein anständiges Stück geworden, dass sich zwischen den Höhen und Tiefen dieses Albums im guten Mittelfeld hält, aber nicht mehr. Aus dem selben Schrank stammen auch ‚Fall to pieces‘ und ‚My Happy Ending‘, während bei ‚He Wasn’t‘ noch einmal tief in die Uptempo – Rock Tasche gegriffen wird.
Mit einer weiteren (mehr oder weniger) Ballade ‚How Does it Feel‘ kann man dann ebenso wenig überzeugen, wie mit ‚Freak Out‘ (… Walk around with your hands up in the air …) oder dem finalen ‚Slipped away‘.

Fazit: Wer bei ‚Let Go‘ schon die Ära für einen neuen Stern am Rockhimmel eingeläutet hat, darf auch bei ‚Under My Skin‘ gerne zugreifen – die Alben spielen im Gesamteindruck durchaus in der selben Liga – und Avril Lavigne hat damit die Hürde des zweiten Albums leicht übersprungen. 
Vielleicht sollte man – zum Thema Cover – denjenigen, die einige Zeilen zuvor noch Krawatten um den Hals hängen hatten, und die schon auf Muttis neue Allwetterjacke schielen noch schonend beibringen, dass es früher nicht nur in amerikanischen Lokalen Gang und Gebe war, Minderjährigen ein solches X auf den Handrücken zu malen, damit sie an der Theke keinen Alkohol kaufen konnten.
Das die Weste der 19-jährigen im Bezug auf Musik aus der Mainstream – Dose nicht mehr ganz rein ist, darüber können wir aber in Anbetracht der doch ganz ordentlichen Musik auf diesem Album noch einmal hinwegsehen. Aber wirklich nur noch einmal.

Avril Lavigne: 
Under My Skin
Unsere Wertung: 70%
Under My Skin 
wurde am 24. Mai 2004 
über Arista Usa (Sony BMG) 
veröffentlicht.
Kaufen / Streamen(*)
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