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Slime, YouTube und Hassrede

Normalerweise befasse ich mich mit dem Thema Hate Speech ja eher bei MobileGeeks, aber in diesem Fall passt es auch hierher und ich denke, man kann nicht oft genug darauf hinweisen, dass es hier Probleme gibt. Klar, das offensichtliche Problem ist die immer weitere Verbreitung dieser Unsitte, sich im Netz gegenseitig immer derber zu beschimpfen, zu beleidigen und zu Gewalt aufzurufen – aber auch der Kampf gegen diese Inhalte ist ein Problem. Denn nicht nur unser Bundesjustizminister schießt hier gerade ĂŒber das Ziel hinaus, sondern gerne auch mal Facebook oder andere Plattformen. In diesem Fall YouTube.

Konkret ging es um den Song „Sie wollen wieder schiessen (dĂŒrfen)“ von Slime. Der Song richtet sich – natĂŒrlich – gegen Rechtsruck, Forderungen nach Grenzschliessungen und natĂŒrlich rechte Gewalt. Strafbare Inhalte findet man in dem Song und auch im zugehörigen Inhalt nicht, auch ist nicht erkennbar, dass das Video gegen die Community-Richtlinien zum Verbot von Hassrede von YouTube verstossen wĂŒrde. Trotzdem wurde das Video gelöscht. Und nachdem sich die Band beschwerte, kam auch prompt eine Antwort:

Vielen Dank, dass du deine Videobeschwerde bei YouTube eingereicht hast. Nach eingehender PrĂŒfung der Inhalte sind wir zu dem Schluss gekommen, dass dein Video gegen unsere Community-Richtlinien verstĂ¶ĂŸt und unsere ursprĂŒngliche Entscheidung GĂŒltigkeit behĂ€lt. Wir danken dir fĂŒr dein VerstĂ€ndnis.

Mit freundlichen GrĂŒĂŸen
Das YouTube-Team

Die Antwort kam so prompt, dass klar ist, dass sich offensichtlich niemand ernsthaft mit dem Video, dem Song oder gar dem Songtext auseinandergesetzt haben kann. Die Band reagierte und stellte das Video auf der eigenen Website zum Download bereit mit dem Aufruf an die Fans, es möglichst in die eigenen KanĂ€le hochzuladen.

Zwischenzeitlich hat YouTube das Video aber trotzdem wieder freigegeben – woher diese Änderung der Meinung kommt, wird wohl das Geheimnis von YouTube bleiben.

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Man kann auch nur darĂŒber rĂ€tseln, wie es zu der Sperre kam. Relativ sicher dĂŒrfte sein, dass am Anfang entsprechende Meldungen von der rechten Seite standen. Ob YouTube nun sicherheitshalber aufgrund einer bestimmten Zahl von Meldungen geblockt hat oder beim PrĂŒfen der Meldungen nur mal oberflĂ€chlich drĂŒber geschaut und das Video daher falsch eingeschĂ€tzt hat
? Man weiß es nicht.

Was nun wirklich die Ursache der Sperrung war: Sollte das Netzwerkdurchsetzungsgesetz von Heiko Maas so Wirklichkeit werden, wie es im Entwurf an die EU ging, dĂŒrfte die Zahl der Sperrungen bei umstrittenen Inhalten nicht nur bei YouTube deutlich nach oben gehen. Immerhin werden Netzwerke hier mit Bussgeldern von bis zu 5 Millionen Euro bedroht, wenn sie strafbare Inhalte nicht umgehend löschen. Angesichts solcher Summen ist es eher utopisch anzunehmen, dass sich die Betreiber solcher Plattformen im Zweifel fĂŒr Meinungsfreiheit entscheiden werden. Wenn nicht zu klicken 5 Millionen Euro kosten kann, dann kann der Klickfinger ĂŒber dem Löschbutton schon ziemlich nervös werden.

Oder wie es Markus Reuter bei Netzpolitik.org formuliert:

Es kann natĂŒrlich sein, dass die Content-Moderatoren weder Slime kennen noch das Video nĂ€her begutachtet haben und die im Video gezeigten Nazis fĂŒr den eigentlichen Inhalt halten. Aber der Fall zeigt anschaulich, was passiert, wenn man die Entscheidung ĂŒber „Hassrede“ kommerziellen Plattformen und deren outgesourcten Moderatoren ĂŒberlĂ€sst.

Erinnert sich noch jemand an Zensursula? Damals sollten virtuelle Stoppschilder den Zugriff auf kinderpornografisches Material blockieren. Der Versuch scheiterte an einem breiten Protest gegen den Aufbau einer solchen Zensurinfrastruktur. Inzwischen gab es immer wieder neue AnlĂ€ufe der Politik, eine solche Infrastruktur aufzubauen, was hier nun gesetzlich in Sachen Hassrede und Fake News geplant ist, ist am Ende nichts anderes – nur ist der Protest dagegen deutlich geringer. Es macht schließlich auch Bauchschmerzen, wenn man als Kritiker eines solchen Gesetzes plötzlich Beifall von denen bekommt, die mit ihren widerlichen Inhalten erst das Argument fĂŒr solche Maßnahmen liefern. Davon sollte man sich aber nicht abschrecken lassen, es darf keine Ausrede geben, warum man nicht gegen ein solches Zensurgesetz aufsteht – denn ist so ein Gesetz erst einmal in Kraft, dann ist die Grundlage fĂŒr die Netzzensur – ob nun direkt staatlich oder indirekt – da und dann werden neue Forderungen kommen und auch umgesetzt. 

Übrigens: Die Erlöse aus dem Verkauf des Songs gehen an Pro Asyl, die Investition in den Downloadkauf (Amazon(*), iTunes(*)) lohnt sich also doppelt

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