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Frei.Wild live beim Alpen Flair 2012 - Foto: Philipp Burger

Freiwilde Exkrementstürme (Update)

Frei.Wild live beim Alpen Flair 2012 - Foto: Philipp Burger
Frei.Wild live beim Alpen Flair 2012 – Foto: Philipp Burger

Sind Frei.Wild rechts oder rechtsoffen oder einfach nur missverstanden? Eine Frage, über die heftig gestritten wird. Tatsache ist zumindest, dass die Texte von Frei.Wild reichlich Inhalte bieten, die irgendwo zwischen Patriotismus und Nationalismus liegen. Und man muss es dazu sagen: Nationalismus ist kein Nationalsozialismus. Natürlich kann man als Nationalist prima sagen, dass man für Nazis nichts übrig habe, in vielen Fällen stimmt das auch, obwohl es einige ideologische Überschneidungen gibt. Eine andere Tatsache ist, dass sich Frei.Wild bei der extremen Rechten ziemlicher Beliebtheit erfreut. Distanzierungen der Band vom rechten Rand werden dort ebenso wenig ernst genommen, wie auch bei vielen Gegnern der Band: Diese Distanzierungen seien halbherzig, unglaubwürdig und würden sowieso nur verbreitet, weil man dazu gezwungen sei, um kommerziell erfolgreich sein zu können.

Aber genau so unstreitig ist natürlich, dass sich zwar Rassisten und Nazis unter den Frei.Wild Fans befinden mögen, aber sicherlich nicht alle Frei.Wild Fans zu diesem Pack gehören. Aber leider nehmen viele Frei.Wild Fans diesen kleinen Unterschied nicht mehr wahr, sobald von diesem Problem die Rede ist. Entsprechende Shitstorms fegten schon über Jupiter Jones und Jennifer Rostock hinweg. Und beim Lesen vieler Kommentare dort konnte einem nur schlecht werden: Da wird bekanntes NPD-Vokabular ausgepackt (wie der „Gutmensch“, „Zecken“) und immer wieder das Märchen vom „unpolitisch sein“ ausgepackt, zwischendurch tauchen natürlich auch eindeutige Parolen auf, schließlich mischen auch Rechte in verschiedenen Geschmacksrichtungen bei solchen Gelegenheiten mit. Schlimm ist dabei aber, dass nicht nur die verschiedenen „Nationalen“, „Identitären“ oder wie sich die diversen Rechtsextremisten gerade nennen auf das für ihren Sumpf typische Vokabular zurück greifen, sondern eben gerade auch angeblich „unpolitische“ Fans. Und was natürlich niemals fehlen darf: Der unerträgliche Vergleich von Frei.Wild Fans mit verfolgten Juden. Unterste Schublade.

Unpolitisch? Oder einfach zu feige?

Aber am schlimmsten ist dieses Geblubber, man wäre „unpolitisch“. Entschuldigung, aber niemand ist „unpolitisch“. Entweder ist man gegen Nazis, dann ist das auch eine politische Stellungnahme oder man lässt Nazis machen, was sie wollen, weil man schließlich „unpolitisch“ ist, also sich politisch nicht positionieren will. „Unpolitisch“ ist doch nur ein Synonym für „zu feige Position zu beziehen“. Übrigens passt auch der regelmäßige Hinweis von Frei.Wild Fans auf die Meinungsfreiheit nicht zu „unpolitisch“, denn die Forderung nach Meinungsfreiheit ist eben auch eine politische Forderung.

Ich kenne einige Frei.Wild Fans und Menschen, die für und mit Frei.Wild arbeiten oder gearbeitet haben und keiner von denen – zumindest von denen, die ich persönlich kenne – ist auch nur ansatzweise in der rechten Ecke unterwegs. Und kaum einer von denen reagiert instinktiv auf den Anflug von Kritik oder nur irgendwelche Stichworte mit dem Ausrufen eines heiligen Kriegs großen Shitstorms. Damit ist bewiesen: Es gibt vernünftige Menschen unter den Frei.Wild Fans – man mag zwar über ihren Musikgeschmack streiten, aber man kann ihnen sicher nicht vorwerfen rechts zu sein. Und ich halte Frei.Wild auch nicht für eine Nazi-Band. Dazu kenne ich zu viele intelligente Menschen, die wiederum Frei.Wild persönlich kennen und denen es wohl aufgefallen wäre, wenn es sich bei denen um Nazis handeln würde. Aber ich habe bei der Band trotzdem Bauchschmerzen und auch meiner Meinung nach ist die Abgrenzung von der rechtsextremen Ecke einfach nicht deutlich genug.

Idioten? Gibt es überall!

Jetzt stellt sich mir die Frage: Warum schaffen es Frei.Wild und die Fans nicht, sich glaubwürdig von der rechten Szene zu distanzieren – wenn sie doch mit dieser Szene überhaupt nichts zu tun haben? Zum Teil liegt das sicher an den Texten, diese Überhöhung der Heimat, die Verwendung von Vokabular aus der rechten Szene… ist sehr unangenehm (um es mal vorsichtig zu formulieren). Dazu dieses ständige „Alle sind gegen uns, wir armen Opfer“-Gehabe – von einer Band, die wie blöde CDs und Tickets verkauft? Glaubwürdig ist was anderes. Und vor allem bestimmte Fans, die vielleicht eine Minderheit, dafür aber um so lauter sind: Das reicht von den „Unpolitischen“, die teils offen, teils verdeckt Sympathien für rechte Ideologien haben bis zu den offen rechten Arschlöchern. In jeder Diskussion tauchen und fallen die auf – mit den entsprechenden Folgen. Und aus welchem Grund meinen Band und Fans immer wert darauf legen zu müssen keine Anti-Faschisten zu sein? Also entweder ist man gegen Faschismus, dann ist man Anti-Faschist oder man ist dafür. Und wer Demokrat ist, der muss Anti-Faschist sein, kein Demokrat kann Faschismus wollen. Und hört mir auf mit „Ich bin ja gegen Nazis, aber die AntiFa ist auch doof!“ – das ist genau das, was ihr ständig euren Kritikern vorwerft: Es gibt Idioten unter den Frei.Wild Fans, aber deswegen seien nicht alle so. Ja? Wirklich? Ich verrate euch ein Geheimnis: Es gibt Idioten unter den Anti-Faschisten, aber deswegen sind nicht alle so. Es gibt Idioten in jeder Gruppe, überall! Ihr werft anderen vor, man würde alle Frei.Wild Fans nur aufgrund einiger Idioten beurteilen und macht doch ganz genau dasselbe!

Eine Abgrenzung nach links ist unnötig

Warum kommt von der Band keine wirklich glaubwürdige, eindeutige und nicht interpretierbare oder relativierende Distanzierung vom rechte Rand? Ein klares „Gegen Rassismus!“ statt „Wir mögen keine Nazis, aber die Linksextremen sind auch doof!“ – keine Relativierung! Ein klares „Nazis raus!“ ohne wenn und aber! Mal ein Konzert zugunsten von Aussteiger- und Aufklärungsinitiativen gegen Rechts. Hausverbot für alle, die bei Frei.Wild Konzerten mit eindeutigen Szene-Klamotten aus dem rechten Sumpf (Ja, zum Beispiel Thor Steinar!) oder gar entsprechenden Symbolen faschistischer und nationalsozialistischer Organisationen auftauchen. Frei.Wild hat nun mal kein Problem mit linksextremen Fans, es gibt keine Linksextremisten, die Frei.Wild als nützlich für ihre Sache sehen – es gibt keine Notwendigkeit für Frei.Wild, sich von Leuten zu distanzieren, die überhaupt nicht die Nähe zu dieser Band suchen. Was soll das also? Damit wird nur die Glaubwürdigkeit der Distanzierung vom rechten Rand relativiert und unglaubwürdig.

Und wo bleibt der mindestens so heftige Shitstorm bei der NPD oder der Jungen Freiheit durch die Fans? Gegen die Rechtsextremen, die immer wieder betonen, wie gut Frei.Wild doch für die „nationale Sache“ wären! Kotzt euch dort aus! Wehrt euch dagegen, dass ihr und eure Band von denen vereinnahmt und benutzt werden! Steht dort auf und sagt deutlich „Nazis raus!“. Kein Geblubber von wegen „ich bin unpolitisch“ oder Meinungefreiheit für Nazis, sondern ohne Wenn und Aber „Nazis raus!“. Faschismus und Nationalsozialismus sind keine Meinungen, es sind Verbrechen!

Aber das wird wohl nicht passieren – stattdessen schieben wohl die Moderatoren der Visions Überstunden: Nach der Ankündigung, dass Frei.Wild auf dem With Full Force spielen werden stieg die Visions aus der Präsentation des Festivals aus. Zumindest ist vom üblichen Shitstorm dort bislang nichts zu sehen, im Gegenteil. Aber vielleicht liegt das auch gar nicht an einer besonders gründlichen „Moderation“ dort, sondern an einer gewissen Shitstorm-Müdigkeit der Frei.Wild Fans?

Update: Jetzt haben Frei.Wild also ihre Teilnahme am WFF abgesagt. Natürlich hätte die Band die ganze Sache auch als Chance sehen können und sich endlich einmal klar, eindeutig, ohne Relativierung und Widersprüche gegen den rechten Rand positionieren können, aber leider bleibt die Band ihrem bekannten Muster treu: Natürlich sind Frei.Wild ihrer Ansicht nach die armen Opfer eine Verschwörung böser Medien und schlimmer Internet-Freaks… Statt also Eier zu zeigen, sich unmissverständlich zu distanzieren und vielleicht auch zuzugeben, dass die Band durch widersprüchliche Aussagen selbst das ihr entgegen gebrachte Misstrauen mitzuverantworten hat, sucht man wieder die Schuld bei anderen. Im Vergleich zu dem, was sich Kritiker dieser Band regelmäßig bieten lassen müssen, war das auf der WFF-Seite bei weitem kein Shitstorm, sondern bestenfalls ein lauter Furz!

Die komplette Stellungnahme der Band:

Frei.Wild sagt With Full Force ab.

Frei.Wild werden nicht auf dem „With Full Force Festival“ auftreten. Die Band bedauert es sehr, dass ein Auftritt unter den gegebenen Umständen nicht möglich ist. Philipp Burger: „Wir haben uns wirklich ganz besonders auf den Auftritt und auf eine erneute Begegnung mit den Festivalbesuchern des With Full Force gefreut. Wir erinnern uns mit Freude an den WFF – Auftritt 2010. Dieser gehörte ohne Zweifel zu den Jahreshöhepunkten, aber wir wollen und werden keinesfalls die Existenz des Veranstalters und somit des Festivals aufs Spiel setzen.“

Einer kleinen, aber effizienten Gruppe von Internet-Freaks ist es gelungen, einen sogenannten „Shitstorm“, ein Phänomen im Rahmen von sozialen Netzwerken, bei dem Emotionalisierung zu Massenentrüstungen führt, zu starten, der eine hektische Medienberichterstattung zur Folge hatte. Die Veranstalter des Festivals sind hierdurch dermaßen unter Druck geraten, dass sich Frei.Wild gezwungen sehen, ihren Auftritt aus freien Stücken abzusagen. Philipp Burger dazu: „Wir spielen dort, wo man sich ungetrübt auf uns freut. Wir suchen nicht die Auseinandersetzung mit unseren Gegnern auf Gedeih und Verderben. Am meisten tut es uns für unsere Fans leid. Unser Publikum ist großartig und kennt unsere Positionen, teilt sie und fällt nicht auf die Stimmungsmache einiger Medien herein. Die Vorwürfe sind alte Hüte mit faulen Löchern, die aber scheinbar bis heute nicht an medialer Brisanz verloren haben, leider.“

Frei.Wild arbeitet schon seit langer Zeit an einer sachlichen Auseinandersetzung mit den Vorwürfen. Auf der Internetseite „www.die-macht-der-medien.de“ stellt sich die Band der Berichterstattung, und fragt nach. „Wir stellen uns den Presseartikeln, den Vorwürfen, und wir sind überzeugt, dass es einen Platz für Wahrheit in der Gesellschaft gibt.“, so die Band. „Wir haben zur Zeit viele positive Resonanzen, auch von ehemaligen Gegnern aus dem Bereich der Presse, die die Dinge mittlerweile anders beurteilen. Wir sehen uns auf dem richtigen Weg, und hoffen, dass unsere Fans unsere Entscheidung zur Absage des With Full Force verstehen.“

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