Suche
Close this search box.

Donots

Hätte man mir vor acht Jahren erzählt, was unsere peinliche Provinz-Kapelle mit dem oberdoofen Namen DONOTS mal irgendwann auf die Reihe kriegen würde, so hätte ich diese Person wahrscheinlich mit einem Lächeln, einem „Ja, genau!“ auf den Lippen und einem beschwichtigendem Nicken bedacht oder einfach einen westfälischen Wurststrauß geschenkt. Warum sollten gerade fünf gelangweilte Dorfbengel aus einer Stadt mit dem Namen Ibbenbüren (Rockcity) ein paar Instrumente in die Hand nehmen dürfen? Und warum vor all Dingen sollte sich irgendjemand für deren Verständnis von – man verzeihe mir diesen Ausdruck in Zusammenhang mit unserem damaligen Können – „Musik“ interessieren?

Obwohl – und das war uns allen schon von Anfang an klar – wir immer echt außergewöhnlich waren. Außergewöhnlich scheiße zum Beispiel.

„Back in 95 when this was new…“ – Die Anfänge
Kaum eine Band hätte es wohl geschafft, einen idioten-sicheren Song wie „Anarchy In The UK“ so zu covern, dass selbst eine dieser grottenschlechten fünf Mark Sex Pistols-Live Bootlegs (featuring Special Guest: Rauschen) dagegen wie Gold geklungen hätte. Ein leichtes für uns, die wir noch nie vorher irgendeine Saiten-Streitaxt in den Händen gehalten und mit eben solchen Cover-Versionen Ende 1993 unsere ersten Gehversuche gemacht haben. Zumindest legten wir soviel Penetranz und masochistische Tendenzen an den Tag, dass wir uns recht häufig zum Proben trafen, um Bad Religion, The Clash und Nirvana Tribut zu zollen. Wir, das waren damals die Gitarristen Guido und Stone, Purgen mit Roadstar-Rolf-Bass, Trippner am Schlagzeug of Doom und meine mikrofonierte Wenigkeit. Anfangs hatten wir übrigens sogar einen Keyboarder in der Band, der „Smells Like Teen Spirit“ mit grausigen Korg-Synthie-Klängen unterlegte. Als ob es nicht alles schon schlimm genug gewesen wäre…

Personal Differences
Irgendwann hat uns dann schließlich der Ziegenfüßige himself geritten und wir fingen an, eigene Songs zu schreiben. Eigene. Wir. Das funktionierte zu Anfang natürlich auch dementsprechend… nicht. Davon konnten sich unter anderem die Konzertgänger unserer ersten Show am 16. April 1994 unter Krämpfen und unglaublichen Schmerzen überzeugen. Zusammen mit unseren guten Freunden von den Useless Wooden Toys trauten wir uns das erste Mal gemeinsam auf die Bühne und spielten zusammen mit einer Berliner Band namens Skotey und einer britischen Combo, die sich Mass Hypnosis nannte. Ich weiß es noch ganz genau – wir fühlten uns wie die größten, aber nicht nur ich bin mir sicher, dass wir eigentlich derbe gesaugt haben. Bis zum heutigen Tage halten wir die Video-Kopie dieses Debakels unter X-Akten-ähnlichem Verschluß zum Schutze der Menschheit. Das beste an unserem Auftritt war bestimmt die Akkordeon-Einlage unseres Freundes Timo, der ein legendäres „Heißa Kathreinerle“ schmetterte und damit den Talentquotienten der versammelten Mannschaft in schwindelerregende Höhen schnellen ließ.

Nach ein paar vereinzelnten weiteren Shows in Jugendzentren und einem 4-Spur-Fürchterlich-Demotape mit dem ach so witzigen Namen „We Do Not Care So Why Should You?“ trennten wir uns schließlich von Trippner und seinem Muppet-Schlagzeug. Im Rolling Stone Magazine hieß es, wir hätten persönliche Differenzen gehabt, aber alle Welt wusste, dass wir damals schon ein gefährliches Drogenproblem hatten und unser Menschenhandel an der tschechischen Grenze eher schlecht als recht lief. Irgendwo musste ein neuer Drummer her, denn wir konnten unmöglich den Rest der Lollapalooza-Tour absagen. So etwas schickt sich für einen Headliner einfach nicht. Außerdem waren wir haarscharf an allen Sellout-Vorwürfen vorbeigeschlittert, denn das Demotape verkaufte sich sensationelle 30 Mal. Aber ich schweife ab…

In Eike fanden wir einen würdigen Ersatz mit genau den Attributen, die wir gesucht hatten. Ihr wisst schon: jung, braucht Geld, schluckt, ist außerdem nett und hat ein eigenes Schlagzeug, auf welchem in großen Lettern S-O-N-O-R stand. Es folgte eine lange Zeit aus Proben, Songs schreiben, Auftritten (u.a. unsere ersten großen Shows mit den fantastischen Propagandhi und RKL) und vielen Salatsandwiches. Ein neues Demotape musste her. „Mellow D´s And Harm On E´s“ nannten wir das Zeug, welches im Keller eines Bekannten aufgenommen wurde. Auf dem heimischen Tapedeck haben wir das ganze dann vervielfältigt und schließlich heimtückisch an mehrere Menschen verkauft.

„You better put your records out DIY!“ – Das erste Verbrechen
Tapes waren irgendwann aber nicht mehr genug, denn kurze Zeit später war auch der technische Fortschritt der Menschheit einfach nicht mehr aufzuhalten. Unsere Nachbarn besaßen auf einmal Glühbirnen und Telefone, die reichen Menschen fuhren in sogenannten Automobilen durch die Gegend, die ersten Flugmaschinen wurden gebaut („stählerne Vögel“ nannten wir sie) und als das Fernsehen schließlich in die Haushalte einzug hielt, entschieden wir uns, eine erste CD zu veröffentlichen. „Pedigree Punk“ wurde zum einen Teil in Gerd´s Garage in Münster aufgenommen, den anderen Teil haben wir in den „Whitehouse Studios“ in Köln verbrochen. In einer Auflage von insgesamt 1000 Stück haben wir diese dann via Mailorder und auf Konzerten verkauft… Wer dieses Machwerk einmal gehört hat, der wähnt übrigens die sogenannte „Achse des Bösen“ mitten im Münsterland.

There’s A New Guitar In Town – Calling Captain Wursthaar!
Stone war der erste, bei dem schließlich der menschliche Verstand wieder einsetzte, und geistesgegenwärtig verließ er unsere Band. Die Legende besagt, dass er mittlerweile sogar schon wieder ganze Sätze mit Subjekt, Verb und Objekt bilden kann. Hat gehaben Glück er dann viele.

Ein neuer Gitarrero musste her. Brian May wollte sich lieber auf sein Seitenprojekt Queen konzentrieren, statt weiterhin als Backliner mit uns unterwegs zu sein, weshalb ziemlich schnell klar wurde, dass wir wohl oder übel – auch im Zuge der grassierenden New-Metal-Epidemie – einen Kerl mit Dreadlocks anheuern mussten. Sein Name war Alex und er brachte genau jene Attribute mit, die wir gesucht haben. Jung, braucht Geld, schluckt… aber das hatten wir ja schon. Auf seiner Gitarre stand übrigens „Gunnar Brinkmann“. Noch Fragen?

DIY Porn
Mit Alex spielten wir uns also ein Jahr lang den Westfalen-Popo wund und schrieben wieder mal einen arschvoll neuer Songs. Der erste Teil wurde wieder mal in Gerd´s Garage auf Tape gebannt, aber niemals veröffentlicht. Der sinnvolle Teil fand schließlich auf der „Tonight´s Karaoke-Contest Winners“ sein Zuhause. Aufgenommen haben wir diese Platte zusammen mit Vincent Sorg in den sagenumwobenen „Principal Studios“ in Ottmarsbocholt, wo seinerzeit schon die unglaublich talentierte Pornodarstellerin Dolly Buster ihr musikalisches Debüt aufgenommen hat. Hihi.

Don’t Call Us, We Call You! – Der Plattenvertrag
Nach endlos vielen Shows und tausenden von verschickten Päckchen hatte letztlich das VISIONS genug Mitleid mit uns, veröffentlichte „You Cannot“ auf ihrer Beipack-CD und katapultierte uns 1998 auf die Session-Bühne beim Bizarre-Festival. Durch Waffengewalt und körperliche Einschüchterung konnten wir die Jury dieses Newcomer-Contests davon überzeugen, dass man uns am besten los wird, wenn man uns einfach gewinnen lässt und zu so großen Rockstars macht, dass wir quasi ständig auf Tour sind.

Langsam macht das History-Schreiben keinen Spaß mehr, also kürzen wir ab…

Da stimmte dann auch der Weltsicherheitsrat zu und eine Spezialeinheit zur Abwendung der Apokalypse (Codename: GUN Records/Supersonic) signte uns im Herbst des besagten Jahres und schickte uns direkt mit den wunderbaren Samiam und Errortype:11 auf Tour. Natürlich war ihnen klar, dass wir wiederkommen würden, so dass man kurz darauf schon einen Jahresplan entwickelte, der uns immer wieder vor neue Aufgaben stellte. Als erstes nahmen wir eine Maxi mit dem Namen „Outshine The World“ auf, welche sich dann irgendwelche Snowboarder als sogenannte Hymne zur EM in Fieberbrunn an die Ohren tackern sollten. Daraufhin versuchte man uns 1999 ins Exil nach Spanien abzuschieben, aber auch jenes Unterfangen verlief nicht nach Plan. Nach etwa 4 Wochen wurden wir von einem entnervten Produzenten namens Uwe Hoffmann mit den neuen Album „Better Days Not Included“ unter dem Arm zurück in die Heimat geschickt. Etwa 120 Mal versuchte man uns in jenem Jahr auf Konzerten mit Bands wie der Bloodhound Gang, All, Samiam und co. zu beseitigen, aber das westfälische Gen in unseren Körpern zeigte sich extrem resistent, entwickelte eine Art Eigendynamik und schickte uns immer wieder mit einem unstillbaren Verlangen nach Schweinskopfsülze zurück in die Ibbenbürener Region. Beinahe, aber auch nur beinahe hätten wir unseren Vegetarismus aufgegeben. Aber es gab zum Glück immer Aladdin – den besten türkischen Imbiß der Welt. All hail Salatsandwich!

Der Bruch
Seit Mitte 2000 haben wir alle diese Scheißegal-Stimmung, weil wir mit „Whatever Happened To The 80s“ direkt in die Charts gewandert sind und wir mittlerweile eigentlich nur noch koksen. Fabio Trentini hat als Produzent einen Superjob gemacht, wenn man sich mal unseren Kontostand anschaut. Seitdem „Pocketrock“ Anfang 2001 erschienen ist, streiten wir uns untereinander nur noch (natürlich über den Rechtsweg), nicht zuletzt wegen der fantastischen Tour mit Midtown aus New Jersey. Wir haben noch diverse Videos und Singles veröffentlicht, „Room With A View“ wurde sogar Titelsong zu dem Horrorfilm „Swimmingpool“ und wir haben in der deutschen Produktion „Engel & Joe“ eine kleine Nebenrolle gespielt. Aber wen interessiert das schon, wenn man am Ende des Tages schon wieder den Butler losschicken muß, um neuen Alkohol zu kaufen? Alle sind scheiße außer wir, nicht Shaham von Bro´Sis ist Gott sondern wir, am achten Tag haben wir die Welt erfunden und wenn so Jungs wie Jimmy Hendrix rumstressen wollen, dann hauen wir denen auf die Schnauze… Schließlich sind wir für den Echo nominiert gewesen, und nicht der. Auf Tour gehen wir auch nicht mehr, weil wir diese Menschenmassen vor der Bühne hassen. Die sollen einfach unser Album „Pocketrock“ kaufen und gut is… und wenn die Leute wüssten, wie beschissen wir auf dem neuen Album „Amplify The Good Times“ und der neuen Single „Saccharine Smile“ zusammenspielen. Absichtlich. Hähä. Wir haben den geilsten Job der Welt. Wenn man nur nicht so oft mit Menschen reden müsste…

Epilog
Ihr könnt mich alle mal.
Euer Gott AKA Superstar AKA Ingo Donot
P.S.: Wehe, ich sehe Euch am Sonntag nicht in der Kirche…
Links: offizielle Bandhomepage

Discographie:
1996: Pedigree Punk
1998: Tonights Karaoke Contest Winners
1999: Outshine the World (Single)
1999: Better Day’s Not Included
2001: What ever Happend to the 80’s (EP)
2001: Pocketrock
2001: Donots/Midtown (Split CD)
2001: Room with a view (Single)
2002: Saccharine Smile
2002: Amplify The Good Times
2002: Big Mouth
2002: „WE´RE NOT GONNA TAKE IT“ (Single EP)

Beitrag teilen:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Aktuellste Beiträge
Schamlose Eigenwerbung
Themen
Artists

Unser Newsletter für Dich

Mit unserem wöchentlich Newsletter verpasst Du nichts mehr – natürlich kostenlos und jederzeit kündbar.